MDR Sputnik ab Dezember ohne News nach der Morningshow!

Wolfgang Ferencak

…Richtig -Falsch? Eine Katastrophe oder etwa nur ein logischer Schritt?

Jedenfalls waren bei Twitter schon Statements zu lesen wie „Das Radio schafft sich selbst ab. Ein schwarzer Tag für das Radio“ Wie bei fast Allem im Leben gibt es jedoch auch hier keine eindeutige Antwort. Das Leben ist nun mal nicht schwarz oder weiß. Sicher ist die Begründung „Sparmaßnahmen“ die falsche Antwort. Wenn dem so wäre sähe ich es sicher ähnlich dramatisch, jedoch macht mir die Aussage der Verantwortlichen, es handele sich um eine Anpassung an das veränderte Nutzungsverhalten, zumindest Hoffnung.
Damit mal ein bisschen Fahrt in die Veranstaltung kommt eine steile These von mir „Nicht nur die Nachrichten, sondern auch Verkehr und Wetter, haben im Radio der Zukunft keinen Platz mehr“

BÄNG!

Starker Tobak? Das sehe ich anders. Vielleicht hilft ja ein Blick auf die Entwicklung von Radio im Wandel der Zeiten. Die allererste Verwendung von Radio diente der reinen Informationsübermittlung meist im militärischen Bereich, erst vor ziemlich genau 95 Jahren begann die Geschichte des „Unterhaltungsradios“ in Deutschland. Am 28.Oktober 1923 wurde das erste Lied aus dem Voxhaus in Berlin gesendet, der Beginn von Radio wie wir es kennen. In den 30er Jahren war Radio primär Propagandainstrument der Nazis und sollte die Menschen mit den vom Regime gewollten Informationen versorgen, leider war Radio grenzenlos und so konnte der Deutsche, wenn er wollte auch Feindsender hören. Auch zu dieser Zeit war Radio eine Mischung aus Information und Unterhaltung. Da gab es Musik, noch live gespielt, Hörspiele und Nachrichten, alles zu seiner Zeit auf der gleichen Welle. Nach dem Kriegsende wurde Radio dann föderal, auf Druck der Alliierten. Die Mischung blieb, allerdings wurde jetzt massiv darauf geachtet, dass es keine politische Beeinflussung gab, so entstanden die Aufsichtsgremien. Diese Mischung aus verschiedenen Angeboten im gleichen Programm änderte sich Anfang der 70er Jahre mit den ersten „Pop und Servicewellen“ (Bayern3, HR3, SWF3). Das war die Antwort der Radiomacher auf das veränderte Nutzungsverhalten der Hörer durch den Mitbewerber TV. Der erste Schritt zum Begleitmedium, denn zuvor gab es Sendungen, bei denen sich die ganze Familie um das Radio versammelte um, ein Hörspiel oder die Nachrichten oder eine Musiksendung zu verfolgen. Die nächste Zäsur war die Einführung von Privatradio in den 80er Jahren. Radio wurde unter dem bisher nicht gekannten Kostendruck „professionalisiert“ was praktisch bedeutete, dass plötzlich Reichweiten / Hörerzahlen wichtig wurden, und das Programm den Kosten/Nutzen Aspekt stärker in den Fokus nahm. Ein Aspekt der nach dem Platzen der Internetblase 2001 / 2002 ziemliche Panik in den Funkhäusern zur Folge hatte. Es wurde gespart um die Einbrüche im Werbemarkt zu kompensieren, vor allem im Programm und in der Moderation. Die Folgen spüren Radiomacher bis heute.

Denn jetzt stehe wir vor der Nächsten wohl größten Zäsur in der Geschichte des Radios, ja der Medien wie wir sie kennen überhaupt.

Die Mediennutzung verändert sich so massiv wie wohl nur mit der Erfindung des Buchdrucks oder der Einführung drahtloser Nachrichtenübertragung nach der Entdeckung der elektromagnetischen Wellendurch Herrn Hertz.

Auch wenn jeder erklärt es gäbe keinen Grund zur Sorge, bleibt es bedenklich, wenn zum Beispiel bei einem Workshop zum Thema „Zukunft des Radios“ nur noch ein Viertel der Teilnehmer überhaupt Radio nutzt??? Sorry aber da sollten bei uns allen die wir Radio machen die Alarmglocken schrillen! Genau deshalb müssen wir uns fragen was machen wir für wen? Brauchen wir im Radio von morgen noch die Informationsstruktur von gestern? Oder muss Radio sich anpassen und Informationen die überall und ständig verfügbar sind einfach aus dem linearen Programm entfernen und als on Demand Content zur Verfügung stellen? Mal ehrlich wer braucht noch den Wetterbericht im Radio, wir haben eine fast 100 prozentige Sättigung mit Smartphones selbst mein 73jähriger Nachbar schaut in sein Smartphone um zu wissen was er anziehen soll oder ob er seinen Schrebergarten wässern muss. Ähnliches gilt für News und Verkehr, jederzeit besser und ausführlicher und aktueller und zielgenauer, an meinen Bedürfnissen ausgerichtet, online zu bekommen. Aber bedeutet der Verzicht auf althergebrachte Gewohnheiten das Ende des Mediums an sich? Natürlich nicht, oder besser, muss es nicht. Wir müssen uns nur wieder einmal verändern und uns an den Wandel anpassen. Das geht technologisch, indem zum Beispiel Informationen bei Bedarf vom Nutzer im Programm abgerufen werden können. Das funktioniert jedoch nicht mit UKW oder DAB, da müssen wir uns endlich eingestehen, dass Radio in Zukunft online stattfindet. Egal ob mobil via 5G, wenn die Mobilfunkanbieter endlich aus Ihrer Komfortzone vertrieben werden, oder stationär via Smartspeaker. Radio wird nur dann relevant bleiben, wenn es dem Bedürfnis der Nutzer nach Personalisierung und damit Interaktivität gerecht wird. Das allein reicht aber nicht, denn warum sollte die Generation Y, die Radio nur noch langweilig findet, ausgerechnet unser Medium als Basis der Mediennutzung präferieren?

Weil Radio immer noch in der Lage ist Menschen anzusprechen, es müssen nur Menschen sein von denen sie sich angesprochen fühlen. Das und genau das ist der Grund warum wir uns endlich wieder auf diese, nicht durch Algorithmen reproduzierbare, Stärke von Radio besinnen und konzentrieren müssen. Es macht keinen großen Sinn, wenn Persönlichkeiten sich nur noch als Podcaster verwirklichen können, weil es im Radio keinen Platz für sie gibt. Das wie würde den Rahmen hier sprengen, aber wen es interessiert, in meinem Buch „Radio 4.0…braucht Personality“ habe ich dies ausführlich thematisiert.

Seit dem 01. Oktober im Handel „Radio 4.0…braucht Personality“

www.radiopersonality.de